Heilt die Zeit alle Wunden?: Vergebung in der Politik - eine Friedensaufgabe
In: Frieden machen, S. 189-204
Mit Blick auf die Probleme im früheren Jugoslawien geht der Autor der Frage nach, inwieweit sich "innere Schäden" als Folge der ethnischen Konflikte lösen lassen. Der Friedensvertrag von Dayton konnte vermutlich nur die äußeren Rahmenbedingungen eines Friedensprozesses definieren, lautet eine These. Doch es müßten intensive Versuche unternommen werden, auch die "seelischen Verwüstungen" zu beseitigen. Er setzt sich mit dem christlichen Begriff der "Vergebung" auseinander, mit der Auslegung Bonhoeffers und den Überlegungen von Hannah Arendt. Vergebung ist danach Ausdruck von Freiheit. Er entwickelt aus der Kritik an beiden Ansätzen Überlegungen, warum Vergebung so schwer fällt und geht auf die Rolle von Erinnerungen und Trauer im Prozeß der Vergebung ein. Er stellt die Frage, ob Frauen besser mit diesen Erfahrungen umgehen könnten und sich eher der Trauerarbeit stellen, weil sie ein "ursprünglicheres Wissen um die Kostbarkeit" des Lebens haben. Vergebung als nationale Aufgabe ist auf viele Akteure angewiesen und stellt sich auf langwierige Heilungsprozesse und unvermeidliche Rückschläge ein. sie ist ein "immer wieder neu aufzunehmender Kampf um die Bewahrung der Menschlichkeit", lautet ein Fazit. (rk)