Aufsatz(gedruckt)1989

Ungarns politische Reformen im Spiegel der neuen Verfassungskonzeption

In: Aus Politik und Zeitgeschichte: APuZ, Heft B 23, S. 29-38

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Abstract

"Der ungarische Reformprozeß steuert auf einen systemüberwindenden Modellwechsel zu, der den Übergang vom monolithisch-autokratischen Einparteiensystem zur pluralistisch organisierten Demokratie mit vielseitigen Formen der Gewaltenteilung und der Machtkontrolle intendiert. Diese Tendenz kommt klar im Vorentwurf der neuen Verfassung zum Ausdruck, deren Einführung für 1990 geplant ist. Auf grundlegend anderen politischen Ordnungsvorstellungen basierend als die geltende Verfassung, richtet sich die neue Konzeption an den Grundprinzipien des demokratischen Pluralismus und der Konsensbildung, der Rechtsstaatlichkeit und der Teilung der Macht aus. Der Pluralismus gesellschaftlicher Interessen sowie der Legitimität ihrer Manifestation werden prinzipiell anerkannt. Dies bedingt die Abkehr vom Führungsanspruch der kommunistischen Partei als der einzig legitimen Vertreterin vorgegebener und daher nicht konsensbedürftiger politischer Ziele. Dementsprechend steht im Zentrum des Verfassungsentwurfs das Postulat einer Teilung der Macht, d.h. die Forderung nach strikter Trennung von Partei und Staat, nach Institutionalisierung und verfassungsrechtlicher Garantie eines Mehrparteiensystems, nach Gewaltenteilung (ergänzt durch ein System der 'checks and balances') als institutionellem Schutz vor Machtkonzentration auf staatlicher Ebene und nach Einführung neuer Institutionen wie z. B. eines Verfassungsgerichts und des Präsidentenamtes. Noch besteht keine Einigung darüber, ob die Gesellschaftsordnung im Verfassungstext als 'sozialistische' festgeschrieben werden soll bzw. welches die Kriterien sind, an denen 'Sozialismus' zu messen ist. Wenn auch viele Fragen des Übergangs zu einem neuen politischen Modell und wesentliche Details seiner Institutionalisierung noch offen sind, so ist der Prozeß der Transformation des ungarischen politischen Systems in Richtung auf einen pluralistischen demokratischen Rechtsstaat doch bereits so weit fortgeschritten, daß er ohne gewaltsame Eingriffe nicht mehr aufzuhalten oder umzukehren ist." (Autorenreferat)

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