Zur Erklärung von Ausländerfeindlichkeit in Deutschland
In: Gewalt in Deutschland: soziale Befunde und Deutungslinien, S. 39-77
Abstract
Die Vielzahl der seit der Einigung ausgeübten Gewaltakte gegen Ausländer in Deutschland hat auch eine Vielfalt an wissenschaftlichen Erklärungsversuchen der fremdenfeindlichen Gewalt und zahlreiche gegensätzliche Thesen produziert. Mit dem Ziel, die Spannbreite der Beliebigkeit verschiedener Interpretationen durch systematische empirische Forschung etwas einzuengen, will der Beitrag auf der Grundlage einer sekundäranalytischen Literaturrecherche Thesen, insbesondere der Makroebene untersuchen. Die These wird geprüft, ob Deutschland fremdenfeindlicher ist als andere Länder. In einem zweiten Schritt werden verschiedene Erklärungen der Ausländerfeindlichkeit überprüft. Dabei werden zunächst die beiden Erklärungsmuster diskutiert, die die Ausländerfeindlichkeit als kollektive Verteidigung der Deutschen gegen a) parasitäre Überforderung des Sozialstaats und b) die Überfremdung des Landes infolge der jüngsten Zuwanderungsbewegungen deuten. Zwei weitere Determinanten werden anschließend untersucht, nämlich der wirtschaftliche Kontext der Zuwanderung und die Mobilisierung des Nationalbewußtseins im Kontext der deutschen Einigung. Der Beitrag verfolgt die These, daß weder These a) noch b) zur Erklärung der Gewaltakte taugen, sondern daß die Erklärung eher in einer Makrokonstellation liegt, die durch das Zusammentreffen der Zuwanderungswelle mit einer Wirtschaftskrise und einer Ethnisierung des Nationalgefühls gekennzeichnet ist. Zum Abschluß werden Möglichkeiten der empirischen Überprüfung der verschiedensten Thesen erörtert. (ICH)
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