Sammelwerksbeitrag(gedruckt)2008

Die Aufnahmefähigkeit der Europäischen Union: politische und institutionelle Grenzen

In: Grenzenlose EU: die Türkei und die Aushöhlung der politischen Union, S. 45-94

Abstract

Die Verfasser gehen davon aus, dass die erweiterte Europäische Union nicht nur in einer schweren Krise ist: Sie steht an einer Wegscheide, die ein einfaches "Weiter so" und die Verdrängung von Problemen nicht mehr erlaubt. Wichtige Zukunftsfragen, wie die Finalität der Union, ihre Regierung und Demokratisierung, Identität und Grenzen, ihre Stellung und Rolle in der sich veränderten Welt, können nicht mehr aufgeschoben werden. Anzeichen für ein mutiges, radikales Überdenken dieser Fragen sind allerdings nicht sichtbar. Weder Vision noch Führungskraft zeichnen sich ab. Hoffnung für eine weiterhin dynamische Entwicklung des Integrationsprozesses kann man allenfalls aus dem objektiven Sachzwang schöpfen, der aus dem bereits erreichten Integrationsstand resultiert und dessen Wahrung weitere Schritte zwingend erfordert. Als Beispiel gilt die gemeinsame Währung, die Schritte in Richtung der echten Wirtschaftsunion erfordert. Die Gefahr der Überdehnung und des Auseinanderbrechens ist dann gegeben, wenn sich in der Union jene Kräfte durchsetzen, welche die europäische Union ohne Rücksicht auf Verluste möglichst rasch möglichst groß machen wollen und damit die Fortführung des Weges in Richtung einer zumindest föderalen Einheit zu versperren. Es wird die These vertreten, dass multinationale Staatengruppierungen, kontinentdeckende Reiche, in eine gefährliche, ihre Existenz in Frage stellende Phase treten, sobald sie erstens ein gewisses Maß territorialer Ausdehnung, zweitens einen bestimmten Grad an innerer Heterogenität, an innerer Divergenz überschreiten und drittens die institutionellen Strukturen und das Regelwerk, welche Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit sichern, der Herausforderung nicht mehr gewachsen sind. Die Europäische Union ist dieser Phase nahe. Tritt sie ein, beginnen Abstieg und Verfall. Die Verantwortlichen in der Union sollten sich der Lehre der Geschichte bewusst werden. Die Verfasser kommen zu dem Schluss, dass der Beitritt der Türkei zu einer für die Europäische Union nicht verkraftbaren politischen und institutionellen Überdehnung führen und damit mittelfristig die Existenz der Union selbst gefährden würde. Vor allem die Entwicklung und Festigung einer europäischen Identität, die eine wesentliche Voraussetzung für die politische Vertiefung der Europäischen Union und damit für das Gelingen des großen europäischen Projektes sind, würde unmöglich gemacht. (ICG2)

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