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Meditation und Psychiatrie: Über die Verseelung und Vergeistigung der Meditation
In: Paragrana: internationale Zeitschrift für historische Anthropologie, Band 22, Heft 2, S. 115-129
ISSN: 2196-6885
Die Anwendung meditativer Praktiken bei schweren psychischen Erkrankungen wird in der Psychiatrie skeptisch betrachtet. Der vorliegende Text wirft die Frage auf, ob dies berechtigt ist. Er sieht eine Ursache für diese Skepsis in einem zu engen, kognitivistischen Verständnis sowohl von psychiatrischen Erkrankungen als auch von Meditation. Meditation wird oft einseitig als Veränderung des subjektiven Erlebens und als Bewusstseinserweiterung interpretiert. Wenn Meditation dem - gemeinhin akzeptierten - Anspruch gerecht werden soll, eine existenzielle Bereicherung zu sein, ist es sinnvoll, sie auch als Übungsweg zu einem differenzierteren praktisch-sinnlichen Kontakt mit der Umwelt und Mitwelt zu verstehen und zu gestalten. Damit eröffnet sich eine neue Perspektive für die psychotherapeutische Behandlung von Lebensformen, die ein Scheitern dieser Interaktivität und eine reduzierte und verschobene Wirklichkeitserfahrung beinhalten.
Zen als heilsame Lebenspraxis
In: Paragrana: internationale Zeitschrift für historische Anthropologie, Band 22, Heft 2, S. 130-140
ISSN: 2196-6885
Von der Vielfalt der Meditationsformen ausgehend werden methodologische Überlegungen zur Forschung in diesem Bereich vorgestellt. Eine "Anwendung" der Meditation im Feld des ärztlichen Handelns wird unter Berufung auf Karl Jaspers' "Stufen ärztlicher Tätigkeit" ausgeschlossen. Nach einer kurzen Darstellung der Zentradition und -praxis wird die Lehre Jean Gebsers von der gegenwärtigen Möglichkeit eines Integralen Bewusstseins als westliche Aktualisierung der Lehren der Zenmeister eingeführt. Die Reaktionen westlicher Traditionen auf das Vordringen des Zen in den Westen werden anhand theologischer, philosophischer und psychologischer Beispiele vorgestellt. Eine persönliche und positive Stellungnahme zu der neuen Möglichkeit eines am Zen orientierten Übungsweges zu einer heilsamen Lebenspraxis schließt den Beitrag ab.
Populäre Spiritualität und die Meditation
In: Paragrana: internationale Zeitschrift für historische Anthropologie, Band 22, Heft 2, S. 76-87
ISSN: 2196-6885
Meditation wird häufig als eine Handlungsform der Spiritualität angesehen. Was aber verstehen wir unter Spiritualität? Und welche Bedeutung hat die Spiritualität und dabei die Meditation in unserer Gesellschaft? In diesem Beitrag wird zunächst der Begriff der Spiritualität aus soziologischer Sicht geklärt. Vor diesem Hintergrund soll auf die enorme Ausbreitung der Spiritualität hingewiesen werden: Einstmals als "alternative Spiritualität" der Religion gegenübergestellt, ist sie "populär" geworden. Die Meditation kann dabei lediglich als ein Beispiel für die populäre Spiritualität dienen. Immerhin aber bietet der Beitrag das Ergebnis einer der weltweit umfangreichsten Surveys, der die enorme Ausweitung der Praxis der Meditation quantitativ belegt. Unter Rückgriff auf den Begriff der Transzendenz soll abschließend die Frage kurz angerissen werden, in welchem Sinne auch die populäre Nutzung dieser Form der Spiritualität als religiös verstanden werden kann.
Meditation im Kontext der indischen Philosophie: Die Yoga-Sūtren von Patañjali
In: Paragrana: internationale Zeitschrift für historische Anthropologie, Band 22, Heft 2, S. 29-40
ISSN: 2196-6885
Die Yoga-Sūtren von Patañjali stellen die erste systematische Niederschrift indischer Yoga- Philosophien dar. Patañjali beschreibt darin den 8-gliedrigen Pfad des Yoga (aṣṭāṅgayoga), der in der Realisation der drei inneren Glieder der yogischen Sammlung (saṃyama) gipfelt: Konzentration (dhāraṇā), Meditation (dhyāna) und Versenkung (samādhi). Ein Zustand, in dem nur noch der Gegenstand leuchtet. Gerade so, als ob das Ich verschwunden wäre. Für Patañjalis Auffassung von Meditation ist charakteristisch, dass dieses meditative Sein zur Welt von den Menschen zwar nicht willentlich herbeigeführt, durch die Übung der fünf äußeren Glieder von Yoga aber sehr wohl tätig vorbereitet werden kann: durch die Einübung yogischer Verhältnisse zu anderen (1), zu uns selbst (2) und die Ausbildung einer yogischen Körperhaltung (3) und Atmung (4). All diese Praktiken machen uns reif für das Ereignis jenes Sinneswandels (5), der uns das innere Selbst schmecken lässt und damit die Tore für die yogische Sammlung (6-8) öffnet.
Meditation im Schnittfeld von Psychotherapie, Hochgradfreimaurerei und Kirchenreform: Carl Happichs Innovationen und ihr soziokultureller Kontext
In: Paragrana: internationale Zeitschrift für historische Anthropologie, Band 22, Heft 2, S. 51-75
ISSN: 2196-6885
Carl Happich entwickelte nach dem ersten Weltkrieg neue Formen der Meditation, die er in der Psychotherapie und für spirituelle Reformprojekte im Rahmen der Freimaurerei und der evangelischen Kirche einsetzte. Es wird gezeigt, dass seine Versuche im Milieu von Brückeninstitutionen angesiedelt waren, die zwischen traditionellen Organisationen mit religiösen Zielen und modernen Formen der Lebensgestaltung im säkularen bzw. neureligiösen Bereich vermittelten. Nach der Darstellung seines Begriffs von Meditation werden die verschiedenen Übungsformen vor diesem Hintergrund analysiert, verglichen und in ihrer Wirkungsgeschichte dargestellt. Besonderes Augenmerk liegt auf den tiefenpsychologischen und vor allem auf den freimaurerischen Bezügen, in denen seine Selbstpraktiken stehen.
"Geschehen lassen": Herausforderungen neuerer Produktions- und Rezeptionsweisen in den performativen Künsten
In: Paragrana: internationale Zeitschrift für historische Anthropologie, Band 22, Heft 2, S. 201-212
ISSN: 2196-6885
Tun und Lassen, Aktivität und Passivität spannen für eine Theorie des Performativen einen Bogen, der die aktivische Dimension einer Handlungstheorie um eine passivische und wahrnehmende Seite erweitert. Diese betrachtet die Grundlage des Handelns vor einem Selbst, das nicht allein als Akteur tätig ist, sondern auch als "Patient" oder "Respondent" verschiedene Weisen des Selbstwerdens durchläuft. Diese These soll vor dem Hintergrund neuerer Verfahrensweisen insbesondere in Tanz und Bewegung im Zusammenhang fernöstlicher Meditationstechniken betrachtet und in Beziehung gesetzt werden.
Der Körper der Perzepte: Über Resonanzpraktiken der Meditation
In: Paragrana: internationale Zeitschrift für historische Anthropologie, Band 22, Heft 2, S. 213-223
ISSN: 2196-6885
Dieser Beitrag bietet einen Zugang zur Meditation anhand des Phänomens und der Theorie der Resonanz. Die Meditation wird zunächst als eine monistisch geprägte Körpertechnik gedeutet in Referenz zu Deleuze/Guattaris Bestimmung des Begriffs des Perzepts und beider Kritik eines dualistischen Konzepts des Sinneserlebens. In einem weiteren Schritt werden Praktiken der Resonanz als solche der Schwingungsfähigkeit und Anrührbarkeit im Anschluss an den Medienbegriff von Fritz Heider analysiert, die dabei helfen, die individuellen Techniken der Wahrnehmung, der perceptual techniques (Sterne), aus einer dualistischen in eine monistische zu transformieren. Abschließend wird das gesellschaftskritische und systemsprengende Potenzial der Meditation diskutiert anhand einer wahrnehmungsbezogenen Gesellschaftskritik durch Rudolf zur Lippe und Mario Perniolas Konzept der Sensologien.
Meditation als soziale Erfahrung
In: Paragrana: internationale Zeitschrift für historische Anthropologie, Band 22, Heft 2, S. 252-263
ISSN: 2196-6885
Der Artikel beschreibt die Meditationspraxis des Zazen als körperliche und soziale Erfahrung unter Bezugnahme auf die Arbeiten von George Bataille, Jean-Luc Nancy, Jacques Lacan sowie die Schriftsteller Janwillem de Wetering, J. D. Salinger und Peter Handke. Es wird dabei die These vertreten, dass der "inneren Erfahrung" der Meditation das Gewahrwerden des eigenen Körpers als entfremdeter Körper, als Erfahrung des Anderen vorausgeht. Damit gleichzeitig verbunden ist die Erfahrung, während der Meditation mit den anderen Körpern, die die gleiche Praxis vollziehen, körperlich zu kommunizieren, zu "sprechen" (Jean-Luc Nancy). Die Erfahrung der Meditation, so eine zweite These, bedarf der Vergewisserung der geteilten Praxis mit den anderen Körpern, aber auch der verbalen Reflexion der Erfahrung mit einem Lehrer, Meister. Dieser Dialog über die innere Erfahrung wird im Text mit dem Dialog zwischen Analysand und Analytiker in der Psychoanalyse Lacans verglichen. Darüber hinaus wird der mit der Meditationspraxis verbundenen Erfahrung des Rückzugs und der Rückkehr ins Soziale anhand der Texte Salingers und Handkes nachgegangen.
Wohlbefinden und Meditation: Potenziale, Boten, Orte der Stille, Verantwortung
In: Paragrana: internationale Zeitschrift für historische Anthropologie, Band 22, Heft 2, S. 189-200
ISSN: 2196-6885
Wohlbefinden ist Geborgensein in der Welt, und Meditation eine das Wohl fördernde Kulturtechnik der Achtsamkeit, die Körper und Geist beruhigt und Wohlbefindens-Hormone freigibt. Im Wohlbefinden sind die Muskeln entspannt, der Atem frei und der Geist wach. Im Menschen schlummern Widerstände (Resilienz) gegen das Unwohlbefinden, die mitbegründen, dass Wohlbefinden sich mit Krisen und Herausforderungen verträgt. Botenstoffe hängen zweifach mit dem Wohlbefinden zusammen: Einerseits arbeiten sie mit an der Befindlichkeit des Menschen, andererseits ist der Mensch in der Lage, etwa in der Meditation, die Aktivität spezifischer Botenstoffe zu veranlassen. Wohlbefinden schafft Selbstvertrauen und Vertrauen zu anderen, die das Vertrauen zurückgeben, was das Wohlbefinden zu einer Grundlage für Verantwortung macht - dem eigenen Handeln, der Natur und anderen Menschen gegenüber.
Meditation, Interkonfessionalität und geistliche Lyrik im Barock (Angelo Grillo und Johann Rist)
In: Paragrana: internationale Zeitschrift für historische Anthropologie, Band 22, Heft 2, S. 143-158
ISSN: 2196-6885
Die christliche Meditationsliteratur der Frühen Neuzeit arbeitet zu einem großen Teil mit Themen und Strukturen, die interkonfessionelle Gültigkeiten zumindest für Katholizismus und Luthertum des 17. Jahrhunderts haben, weil sie auf der gemeinsamen Basis der hochund spätmittelalterlichen Meditation ruht. Für die geistliche Lyrik des 17. Jahrhunderts stellt diese Meditationsliteratur besonders in der Passionsthematik Modelle bereit, die ihrerseits katholischen wie lutheranischen Gedichtsammlungen der ersten Jahrhunderthälfte - Angelo Grillos Pietosi affetti und Johann Rists Passionssalven - ein vergleichbares, die Grenzen der Konfessionen vielfach überschreitendes Profil verleihen.
Bild, Meditation und ästhetische Erfahrung: Max Ernst: L'ange du foyer ou Le triomphe du surréalisme
In: Paragrana: internationale Zeitschrift für historische Anthropologie, Band 22, Heft 2, S. 181-188
ISSN: 2196-6885
Von der Frömmigkeitspraxis des Mittelalters ausgehend, in der bildliche Darstellungen (etwa der Passion Christi) als Mittel der Meditation eine Rolle spielen konnten, vertritt der Beitrag mit Blick auf ein Gemälde von Max Ernst die These, dass auch in der säkularisierten Moderne Bilder den Betrachter dazu führen können, nachdenkend in sie einzudringen. Diese Art der Meditation zielt zwar nicht auf die Transzendierung der Grenze zwischen Gott und Mensch; sie eröffnet jedoch einen Raum der ästhetischen Erfahrung, der auch ein transzendierendes Moment eigen ist.
Kunstbetrachtung als Meditation
In: Paragrana: internationale Zeitschrift für historische Anthropologie, Band 22, Heft 2, S. 235-251
ISSN: 2196-6885
Im Laufe des 18. Jahrhunderts verändern sich die Formen der Kunst-Rezeption: Die Auseinandersetzung mit Kunstwerken fungiert nicht mehr vor allem als Anlass für gesellige Diskussionen mit dem Anspruch von Kennerschaft, sondern wird mehr und mehr mit dem Anspruch der Nach-Schöpfung und der meditativen Versenkung verbunden. Diese beiden Rezeptions-Stile lassen sich sowohl nationalen - französisch versus deutsch - Stereotypien zuschreiben als auch nach Geschlechtern - weiblich gegen männlich - zuordnen. Darüber konturieren sich in diesen verschiedenen Arten des Umganges mit der Kunst klassenspezifische Habitualisierungen: Das Entstehen der bürgerlichen Kunstreligion ist direkt mit den neuen, reflexiv-meditativen Rezeptionsformen verbunden.
Das Buch im Seitenrand: Ibn ʿAṭāʾ Allāh al-Iskandarī: Der Heilsschlüssel und die Seelenleuchte
In: Paragrana: internationale Zeitschrift für historische Anthropologie, Band 22, Heft 2, S. 41-50
ISSN: 2196-6885
Der Heilsschlüssel und die Seelenleuchte von Scheich Ibn ʿAṭāʾ Allāh al-Iskandarī (gest. 1309) ist nach eigener Angabe die erste systematische Abhandlung zum Gottesgedenken. Obgleich der Autor dieses so definiert, dass praktisch jede religiöse Handlung miteingeschlossen ist, steht im Fokus von Scheich Ibn ʿAṭāʾ Allāhs Untersuchung das sufische Ritual einer mantraisierenden Wiederholung des islamischen Credos Kein Gott außer Gott. Ist der erste Teil des Werks konventionell wissenschaftlich strukturiert, so entwickelt der zweite Teil - ausgehend von der grammatischen Negation des Credos - eine sufische Negativitätsästhetik. Der Autor zeigt, wie sich die Formel Kein Gott außer Gott kontinuierlich reduzieren lässt, bis das Gottesgedenken nur noch ein Atem ist, sich der Vernunft entzieht und als religiöse Erfahrung alle theologischen Diskurse übersteigt. Ihre Transzendenz setzt Scheich Ibn ʿAṭāʾ Allāh literarisch um, indem er sich schließlich der auktorialen Stimme enthält.
Editorial
In: Paragrana: internationale Zeitschrift für historische Anthropologie, Band 22, Heft 2, S. 9-11
ISSN: 2196-6885