Im ersten Teil des Beitrages werden die Entwicklungstendenzen der katholischen Kirche in Österreich in der Phase des Absolutismus, im Jahre 1848, in der Zeit des Neoabsolutismus, wie des Liberalismus vorgestellt. Dann wendet sich der Beitrag den politischen Gruppierungen der Katholiken zu, die sich erst mit dem Parteigesetz von 1867 bilden konnten, und verfolgt deren jeweilige Entwicklung bis zum Ersten Weltkrieg. Dabei bescheinigt der Autor den christlichen Parteien - 1911 sind es allein 7 - keinen maßgeblichen Einfluß, zumal sie sich nicht zu einer gemeinsamen Linie und gemeinsamen Vorgehen einigen können. Zudem verlaufen ihre Entwicklungen in den einzelnen Ländern höchst unterschiedlich. (BL)
Der Vortrag untersucht Politik und Bedeutung des Liberalismus im nachrevolutionären Österreich-Ungarn vor dem Hintergrund der allgemeinen Entwicklung des Liberalismus in Mitteleuropa nach 1848. Aufbauend auf seinen Forschungen zum österreichischen Neoabsolutismus skizziert der Verfasser zunächst den Gang der Innenpolitik in der Donaumonarchie zwischen 1849 und 1879, wobei sich das Interesse auf die Verfassungs- und die Wirtschaftspolitik konzentriert. Im Anschluß wird das"soziale und ideologische Profil" der verschiedenen Strömungen analysiert. Ihnen gemeinsam war zum einen, daß sie sich vornehmlich aus dem deutschen Bildungsbürgertum sowie dem Großgrundbesitz rekrutierten. Auf der anderen Seite verfolgten alle Liberalen eine "anationale" Politik mit Schwergewicht auf Verfassungs- und Kulturfragen, der eine stark zentralistische Staatsidee zugrunde lag, wodurch sie noch weniger als die deutschen Liberalen geneigt waren, das innenpolitische Primat von Krone und zentralistischer Verwaltung in Frage zu stellen. Diese schwächliche Politik läßt sich auf die starke Tradition des Josefinismus, den heterogenen nationalen Charakter des Habsburgerstaates und die damit verbundene schmale soziale Basis des Liberalismus zurückführen. (JF)
In: Arbeiterbewegung in Österreich und Ungarn bis 1914: Referate des österreichisch-ungarischen Historikersymposiums in Graz vom 5. bis 9. September 1986, S. 91-123
Auf der Basis von publizierten Daten und Statistiken wird versucht, Tendenzen der Wirtschaftsentwicklung zu vermitteln. Ausgehend von einem Wachstumsrückstand um die Mitte des 19. Jahrhunderts aufgrund des verzögerten Beginns der Industrialisierung wurde für die letzten Jahrzehnte vor dem Ersten Weltkrieg eine beeindruckende Dynamik im Wachstumsprozeß des industriellen Sektors und des Transportwesens ermittelt. Die Diskussion der Besonderheiten und Hindernisse der industriellen Revolution verdeutlichte die wachstumsfördernden Wirkungen der wirtschaftspolitischen Maßnahmen und institutionellen Änderungen des Neoabsolutismus: 1848 leitete eine Phase industriefreundlicher und liberaler Reformen von oben ein, die langfristig wachstumsfördernd wirkte. Im weiteren wurde der Eisenbahnbau als Motor der Industrialisierung beschrieben, die Wiener Großbanken als Finanzzentrum der Monarchie ausgewiesen und die Rolle des Staates in der cisleithanischen Volkswirtschaft charakterisiert. Abschließend wurden Großmachtpolitik und Rüstung als Hemmnis der wirtschaftlichen Entwicklung ausgemacht und außer Zweifel gestellt, daß in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg ein militärisch-industrieller Komplex im Entstehen begriffen war. (HRS)
"Der westliche Universalismus war historisch ein Anspruch auf eine universelle Geltung westlicher Werte. Mit der 'Entwestlichung' der Welt - parallel zur zunehmenden Globalisierung - gehen zumal die Europäer, besonders aber die Deutschen, zum Gegenextrem über: Sie geben ihren Universalismus auf und führen an dessen Stelle den Kultur-Relativismus als einen Werte-Relativismus ein. Die Konsequenz ist das Fehlen von Werte-Verbindlichkeiten und eine Werte-Krise. Besonders wirkt diese Krise in Gesellschaften, in denen massive Zuwanderung stattfindet. Zu den westlichen Werten gehören vor allem Demokratie, Säkularität, Bürger- und Menschenrechte, Migranten aus vormodernen Kulturen weisen diese Werte ab und bekommen hierbei Zuspruch von europäischen, ihre eigenen Werte relativierenden oder verleugnenden Multikulturalisten. Solche überdehnte Toleranz, verbunden mit der Preisgabe eigener Überzeugungen, stößt nach aller Erfahrung bei den Migranten nicht auf Achtung, sondern auf Verachtung. In diesem Essay wird deutlich gemacht, daß die Kritik am Multikulturalismus sich nicht gegen eine verantwortungsvoll gesteuerte Migration, sondern gegen einen Werte-Verlust im Zeichen einer kulturellen Selbstverleugnung richtet. Mit anderen Worten: Es geht hier nicht um eine 'Festung Europa', sondern um den inneren Frieden auf diesem Kontinent. Es wird ein Kulturpluralismus befürwortet, in dessen Rahmen Einheimische und Migranten parallel zur Vielfalt jeweils eigener Werte einen Konsens über eine Leitkultur als Quelle von Werte-Verbindlichkeit anerkennen. Gelingt dies nicht, dann ist der innere Frieden in Gefahr. Ohne einen solchen Werte-Konsens sollte man sich in Europa auf ethnische Konflikte zwischen dem Werte-Neoabsolutismus der Zuwanderer aus vormodernen Kulturen und dem Werte-Relativismus der Aufnahmeländer einstellen. Aus der amerikanischen Diskussion über die Gefahren des 'Disuniting of America', vor allem der Ethnisierung sozialer Konflikte - und noch von vielem mehr -, könnten Europäer von den negativen Erfahrungen Amerikas lernen. Etwa ab welcher Quantität die Probleme der Zuwanderer zu einem - dann nicht mehr lösbaren -Problem von Staat und Gesellschaft werden." (Autorenreferat)
The biography of Gustavus G. Zertfi (1820-1892) is the first analytical introduction to the Habsburg secret service in the 1850s and 1860s through the case study of a secret agent. By strange coincidence, it is also a major contribution to the. beginnings. of modem Japanese historiography as Zerffi's The Science of History provided the first basic text for Japanese scholars on modem European history and historians after the Meiji revolution of 1868.
Though. probably the most formidable. secret agent in the ."neo-absolutistic" Habsburg Empire of the mid-19th century, G. G. Zerffi was an obscure and relatively little known figure in his own time. Over a period. of close to 16. years, Zerffi sent some 2,000 numbered intelligent reports to the Habsburg government in Vienna from Serbia, the Ottoman Empire, Paris, and, mainly, from London (1849-1865). The. biography serves as an introduction to all the available secret reports by Zerffi collected from Austrian and, to a smaller extent, Russian archives, publishing them in the Get-man original as an appendix of his work.
Through the life and activities. of one particular figure the book opens up. several chapters of 19th century Europe, Britain, and Japan and contributes significantly to the understanding of the revolutions of 1848-1849 and. their dreadful suppression in the whole continent of Europe. It provides particularly new insight in the working and methods of authoritarian, "pre-dictatorial" Central and East. European secret police systems, censorship, and thought control.
All over Europe the police preferred to use highly qualified agents. with, the knowledge of several languages, as well as the history and culture of many regions in order to collect reliable and. varied information. This. in turn was used by the governments to maintain their control over practically the whole of the European continent in much of the 1850s and 1860s.. Several of these well paid police. agents were. prominent professionals such as G. G. Zerffi who came to be one of the founders and first chairmen of the Royal Historical Society in London. It was in this capacity that he contributed to the humanities in Britain as well as to the rise of modem Japanese historiography. This is the first book to provide a thorough introduction to G. G. Zerffi's basically unknown British scholarship from the late 1860s through the early 1890s.
A relevant and topical contribution to the understanding of the nature and making of Central and East European autocracies in the mid-19th century, the book will also help the reader to assess the prehistory and early development of modem dictatorial systems in the region. Most of the book is based on primary sources scattered all over Europe in dozens of archives in Vienna, Budapest, London, Moscow, Amsterdam, and Bonn. - Die Tätigkeit des österreichischen Geheimagenten Gustav G. Zerffi (1820-1892) erlaubt eine neuartige Darstellung des Polizeisystems des Neoabsolutismus. Der zweisprachige ungarische Journalist, der später zum Spion wurde, machte eine spektakuläre Karriere. Nach dem ungarischen Freiheitskampf hatte er die Aufgabe, Beziehungen zu den Anführern der internationalen politischen Emigration in der Türkei, Frankreich und England zu knüpfen. Er stand mit Lajos Kossuth, Karl Marx und Gottfried Kinkel in direkter Verbindung und war Sekretär des Deutschen Nationalvereins in London. In seinen fast 2000 Geheimberichten an den jeweiligen Innen- und Polizeiminister über die Pläne und Aktionen der ungarischen und internationalen revolutionären Emigrationsszene zeigt er sich nicht nur als eifriger Beobachter und Informant, sondern auch als Werkzeug der zielbewussten Zersetzung der Emigration "von innen her". Vom Geheimdienst entlassen, wirkte der hochbegabte Zerffi dann fast drei Jahrzehnte in London als Historiker.
Die Tätigkeit des österreichischen Geheimagenten Gustav G. Zerffi (1820-1892) erlaubt eine neuartige Darstellung des Polizeisystems des Neoabsolutismus. Der zweisprachige ungarische Journalist, der später zum Spion wurde, machte eine spektakuläre Karriere. Nach dem ungarischen Freiheitskampf hatte er die Aufgabe, Beziehungen zu den Anführern der internationalen politischen Emigration in der Türkei, Frankreich und England zu knüpfen. Er stand mit Lajos Kossuth, Karl Marx und Gottfried Kinkel in direkter Verbindung und war Sekretär des Deutschen Nationalvereins in London. In seinen fast 2000 Geheimberichten an den jeweiligen Innen- und Polizeiminister über die Pläne und Aktionen der ungarischen und internationalen revolutionären Emigrationsszene zeigt er sich nicht nur als eifriger Beobachter und Informant, sondern auch als Werkzeug der zielbewussten Zersetzung der Emigration "von innen her". Vom Geheimdienst entlassen, wirkte der hochbegabte Zerffi dann fast drei Jahrzehnte in London als Historiker. ; The biography of Gustavus G. Zertfi (1820-1892) is the first analytical introduction to the Habsburg secret service in the 1850s and 1860s through the case study of a secret agent. By strange coincidence, it is also a major contribution to the. beginnings. of modem Japanese historiography as Zerffi's The Science of History provided the first basic text for Japanese scholars on modem European history and historians after the Meiji revolution of 1868. Though. probably the most formidable. secret agent in the ."neo-absolutistic" Habsburg Empire of the mid-19th century, G. G. Zerffi was an obscure and relatively little known figure in his own time. Over a period. of close to 16. years, Zerffi sent some 2,000 numbered intelligent reports to the Habsburg government in Vienna from Serbia, the Ottoman Empire, Paris, and, mainly, from London (1849-1865). The. biography serves as an introduction to all the available secret reports by Zerffi collected from Austrian and, to a smaller extent, Russian archives, publishing them in the Get-man original as an appendix of his work. Through the life and activities. of one particular figure the book opens up. several chapters of 19th century Europe, Britain, and Japan and contributes significantly to the understanding of the revolutions of 1848-1849 and. their dreadful suppression in the whole continent of Europe. It provides particularly new insight in the working and methods of authoritarian, "pre-dictatorial" Central and East. European secret police systems, censorship, and thought control. All over Europe the police preferred to use highly qualified agents. with, the knowledge of several languages, as well as the history and culture of many regions in order to collect reliable and. varied information. This. in turn was used by the governments to maintain their control over practically the whole of the European continent in much of the 1850s and 1860s. Several of these well paid police. agents were. prominent professionals such as G. G. Zerffi who came to be one of the founders and first chairmen of the Royal Historical Society in London. It was in this capacity that he contributed to the humanities in Britain as well as to the rise of modem Japanese historiography. This is the first book to provide a thorough introduction to G. G. Zerffi's basically unknown British scholarship from the late 1860s through the early 1890s. A relevant and topical contribution to the understanding of the nature and making of Central and East European autocracies in the mid-19th century, the book will also help the reader to assess the prehistory and early development of modem dictatorial systems in the region. Most of the book is based on primary sources scattered all over Europe in dozens of archives in Vienna, Budapest, London, Moscow, Amsterdam, and Bonn.