Bei dem Thema "Soldat und Religion" ergeben sich vor allem zwei Fragestellungen: Erstens geht es um die veränderte Rolle und Funktion von Religion in der modernen Gesellschaft. Welche Bedeutung haben - angesichts von Säkularisierung und abnehmender kirchlicher Sozialisation - Religion und Militärseelsorge für den Soldaten heute? Inwieweit beeinflussen die gegenwärtigen Auslandseinsätze das Bedürfnis der Soldaten nach Religion und Religionssausübung? Die zweite zentrale Fragestellung bezieht sich auf das Verhältnis des Christentums und der Kirchen zur Gewaltanwendung: Wie kann vor dem Hintergrund des fünften Gebotes oder der Bergpredigt ein Soldat gleichzeitig auch Christ sein? Wie stehen die beiden großen christlichen Kirchen zu den gegenwärtigen militärischen Einsätzen? Auf welche ethischen Positionen kann sich der christliche Soldat diesbezüglich stützen? Der vorliegende Beitrag geht diesen beiden Fragestellungen nach, indem zunächst der Begriff der Religion und ihre Rolle und Funktion in der modernen Gesellschaft dargestellt wird. Im Anschluss wird Religion im Militär, insbesondere in ihrer institutionalisierten Form der Militärseelsorge, betrachtet. Des Weiteren werden empirische Studien zum Themenfeld Soldat und Religion vorgestellt, die zum einen generelle Haltungen zur Militärseelsorge in der Bundesrepublik und deren Inhalte untersuchen und sich zum anderen speziell der Seelsorge in Auslandseinsätzen widmen. Darüber hinaus werden Fragen zur Friedensethik erörtert und Ausblicke auf künftige Forschungsfelder gegeben. (ICI2)
Ziel des Beitrags ist es, zur Entmythologisierung der Moderne beizutragen. Dazu wird zunächst Modernität definiert als Kategorie zur Bezeichnung bestimmter charakteristischer Merkmale neuzeitlicher Gesellschaftsentwicklung. Die Begriffsgeschichte wird skizziert. Die Beziehung von "Modernität" zu zwei anderen Begriffen wird erörtert: zu Fortschritt und Wandel. Einige Theorien der Modernität werden vorgestellt. Dann wird die Vermutung diskutiert, daß das seit etwa einem Jahrzehnt wiedererwachte Interesse an Religion mit dem vorherrschenden Bewußtsein eines Übergangs zusammenhängt, das sich in Krisendiagnosen und der gehäuften Verwendung des Präfixes "Post" zur Kennzeichnung neuartiger Kultur- und Gesellschaftszustände artikuliert. Das sozialwissenschaftliche Interesse an Religion wird verdeutlicht. Auf dieser Grundlage wird eine Kritik des Religionsbegriffs vorgenommen. Es wird gefragt, ob Religion unvermeidbar ist. Eine Bilanz der Überlegungen zeigt eine genaue Umkehrung der Bestimmungsrelationen hinsichtlich der Begriffe "Religion" und "Modernität" gegenüber den gesellschaftlich verbreiteten Auffassungen. Es wird deutlich, daß die Beschwörung des traditionellen Religionsbegriffs im Sinne einer "Rückkehr des Heiligen" wenig Hoffnung als Heilmittel gegen die desorientierende Kultursituation der zur Reife gekommenen, d. h. ihrer Unfähigkeit zur Konsumierung der Welt bewußt gewordenen Modernität verheißt. (RW)
Thematisiert wird in dem Beitrag die Macht, mit der die Französische Revolution die politischen Begriffe des Staatsbürgers und der Bürgerrechte verändert hat. Es wird gefragt, ob es die Pflicht der Kirchen und anderer religiöser Gruppen ist, demokratische Verfassungen zu unterstützen, zu befürworten und zu ermutigen. Die tiefgreifenden Veränderungen im 19. Jahrhundert werden beschrieben, um dann zu zeigen, daß es nicht die Französische Revolution war, die demokratische Ideen als erste hervorbrachte, sondern daß in den Religionskriegen in Europa die Forderung nach Toleranz und Gewissensfreiheit aufgestellt wurde. Vor diesem Hintergrund wird der Zusammenhang von Demokratie und Rechtsstaat erörtert. Im Hinblick auf das Prinzip Freiheit werden die Bestandteile des modernen Verfassungsstaates herausgearbeitet. Dabei wird auch nach den Moralgrundsätzen gefragt, ausgehend davon, daß die Religionen Einfluß auf den politischen Charakter der Gesellschaft haben. Beispielhaft an der katholischen Kirche wird gezeigt, daß sich Demokratie und Religion als höchste moralische Autorität in der Gesellschaft entgegenstehen. Auf dem Umweg über die Moral wird aber auch der Zusammenhang zwischen Religion und politischem Handeln aufgezeigt. Die Überlegungen führen zu dem Schluß, daß eine Demokratie Moralisten als Träger von Charisma mit der Fähigkeit braucht, das Volk zu inspirieren. (ICA)
Um die These von einer Wiederkehr der Religion in Europa trotz weitgehender Säkularisierungsprozesse zu überprüfen, werden sozioreligiöse Daten aus der Europäischen Wertestudie für die Erhebungsjahre 1982, 1991 und 1999 vorgestellt. Die Daten werden in Bezug auf die subjektive Religiosität, das Religionsgebäude der Personen und die sozioreligiösen Vernetzungen (Kirchlichkeit) untersucht. Als Grundtypen in den christlichen Konfessionen werden ferner "Intensivchristen", "Privatreligiöse", "Distanzsympathisanten" und "Atheisierende" voneinander unterschieden. Der Überblick macht deutlich, dass sich in einigen europäischen Großstädten entgegen der vorhergesagten Entkirchlichung und dem Verschwinden der Religion seit Mitte der 90er Jahre eine deutliche Respiritualisierung beobachten lässt. Dies führt zwar nicht zu einem neuerlichen Aufschwung des Christentums, aber die Zukunft Europas scheint nicht in einer Religionslosigkeit, sondern in einem religiösen Pluralismus zu liegen. (ICI)
Der Beitrag diskutiert anhand einiger empirischer international vergleichender Untersuchungen Religion und religiöses Verhalten in Österreich. Verortet werden deutliche Veränderungen, die auf eine postmoderne Entwicklung hinweisen. Eindeutig ist eine Pluralisierung religiöser Sinnwelten festzustellen, steigende Kirchenaustritte, sinkender Kirchenbesuch, unterschiedliche Glaubensvorstellungen, Ritualisierung und Sinnentleerung von Sakramenten weisen darauf hin. Auch innerhalb der Institutionen werden Pluralisierungen und Deinstitutionalisierungen sichtbar. Basisinitiativen entstehen, die Religiosität sinkt auch beim sogenannten "kirchlichen Intensivsegment", und individualisierte Konzepte artikulieren sich. Diese Tendenz zu einer "Bastelreligion" zeigt sich ebenfalls in einem verstärkten Interesse für Sekten nichtchristlicher Art. (pre)
Die Verfasserin plädiert für einen kommunikationstheoretischen Zugang bei der Analyse von Macht, Religion und Moral. Sie diskutiert zwei gegenläufige Tendenzen im Verhältnis zwischen diesen drei Elementen: eine Tendenz der Entkoppelung und eine Tendenz der Wiederverknüpfung der drei Dimensionen. Während der Entkoppelungsvorgang eng mit dem historischen Vorgang der Säkularisierung und des Sichtbarwerdens der Konstruktivität von Macht und Moral verbunden ist, sind die Versuche der Wiederverknüpfung darauf reagierende Formen posttraditionaler Stabilisierung, bisweilen auch Fundamentalisierung des Zusammenhangs von Macht, Religion und Moral. In diesen Versuchen werden gleichzeitig Grundfunktionen der Religion erkennbar: das Markieren von Bereichen des Unverfügbaren und die Bezugnahme auf eine gesellschaftsextern legitimierte Verankerung, die Selbstreflexion ermöglicht. Religion steuert menschliches Verhalten in Richtung auf eine bestimmte Moral, moralische Kommunikation stützt wiederum religiöse Orientierungen und Bindungen. (ICE2)
Eine umfassende Analyse der Beziehungen zwischen Persönlichkeitsmerkmalen und Religion muss sowohl deren gemeinsame Abhängigkeit von anderen Faktoren als auch deren Einfluss auf andere Variablen berücksichtigen. Als exogene Faktoren werden daher einige sozialstrukturelle Variablen in die Analyse einbezogen, die als indirekte Indikatoren für Sozialisationseinflüsse interpretiert werden. Die potentiellen abhängigen Variablen können danach unterschieden werden, ob eher interkulturell-stabile oder kultur- und länderspezifische Einflussmuster zu erwarten sind. Beide Fallkonstellationen werden exemplarisch behandelt. Zuvor werden die Beziehungen zwischen den Persönlichkeitsvariablen und Religiosität sowie deren Effekte auf die abhängigen Variablen theoretisch analysiert. Die nachfolgende empirische Analyse stellt eine quantitative Auswertung einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage dar. Versteht man Persönlichkeitsmerkmale als stabile Dispositionen, so zeigt sich, dass Neurotizismus, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit positive Effekte auf Religiosität haben. Persönlichkeitsmerkmale und Religiosität wirken additiv auf die allgemeine Lebenszufriedenheit. In Verbindung mit soziologischen Variablen tragen Persönlichkeitsmerkmale erheblich zur Erklärung der Verbreitung politischer Einstellungen bei. Es ist jedoch zweifelhaft, in wie weit wirklich von einer Stabilität der Persönlichkeitseigenschaften ausgegangen werden kann. Man sollte vielmehr zwischen stabilen und situationsabhängigen Komponenten unterscheiden. (ICE2)
"Heinrich Meier hat die instruktive Vortragsreihe auf Fragen der politischen Spannungen zwischen Religion und Politik zu-gespitzt. Das Programm verrät einen durch '9/ 11' geschärften Blick auf das den Weltreligionen innewohnende Gewaltpotential. Schon aus Gründen meiner fachlichen Beschränkung möchte ich den Blick auf uns selber lenken. Und statt des Brotes nahrhafter historischer Darstellungen biete ich nur die Steine trockener konzeptueller Überlegungen an. Aus der Sicht der zeitgenössischen politischen Theorie werde ich zunächst einige Stichworte zu den immer noch strittigen liberalen Vor-stellungen von der Rolle der Religionsgemeinschaften im demokratischen Rechtsstaat sammeln (I) und dann, freilich nur in Thesenform, daran erinnern, wie die westliche Philosophie, die heute als selbstbewußter Interpret und Anwalt der politischen Aufklärung auftritt, selber in diese spezifisch westliche Konstellation verwickelt ist (II)." (Autorenreferat)
In: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2, p. 2396-2407
"In einem historisch vergleichenden Zugriff soll gezeigt werden, dass und wie sich die Art des religiösen Glaubens abhängig von der Generationenzugehörigkeit wandelt. Dabei wird auch Fallmaterial von Jugendlichen mit einbezogen. Zwei Momente sollen herausgearbeitet werden, welche die spezifische Form von Religiosität bedingen: Zum einen die Rolle der primären Sozialisation, in der der habituelle Zugriff auf die Welt grundgelegt wird. Dabei kann gezeigt werden, dass die Fähigkeit zum Glauben oder zur 'bedingungslosen Hingabe' abhängig von der konkreten Anerkennung und Solidarität in der Familie ist und sich aufgrund dieser Erfahrung unterscheidet. Zum anderen die Generationenzugehörigkeit, wobei sich in der Adoleszenzkrise entscheidet, wie religiös oder säkular man sein Leben gestalten will (das muss nicht bewusst sein). Das hängt in der Regel von dem Grad der Säkularisiertheit der historischen Gesellschaft ab, in der man aufwächst und in der man gemeinsam mit den Angehörigen der eigenen Generation (also der Peer-Group) die Deutungsmuster und Habitusformationen entwickelt, die glaubhafte Antworten auf die Sinnfragen und historischen Probleme geben. Es soll also die These entfaltet werden, dass die spezifische Form der Religiosität bzw. religiösen Haltung sich erst in der Bearbeitung der Adoleszenzkrise entwickelt und abhängig von den Themen und Diskursen der eigenen Generation ist." (Autorenreferat)
Der Autor verteidigt aus theologischer Sicht die Eigenlogik der religiösen Sphäre und weist die Beschreibung von Kapitalismus als "Religion" zurück. Insbesondere geht es ihm darum, an die verborgenen emanzipatorischen Gehalte der christlich-jüdischen Glaubens- und Denktradition zu erinnern, aus denen sich eine Widerständigkeit gegen den kapitalistischen Funktionalismus sozialer Ausbeutung ergibt. Diskutiert werden vier Autoren, die sich dem Kapitalismus in einer religiösen Semantik zu nähern versuchen: Max Weber, Walter Benjamin, Christoph Deutschmann und Georg Simmel. Der Autor kritisiert, dass sie in ihre ökonomischen Analysen spielerisch und assoziativ religiöse Deutungsmuster einfließen lassen, dass sie über diffuse Vergleiche zwischen dem Kapitalismus als einem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Machtverhältnis und willkürlich gewählten religiösen Ausdrucksformen nicht hinauskommen oder dass sie eingespielte Deutungsmuster der religiösen Sphäre unbesehen, unvermittelt und naiv in die wirtschaftliche Sphäre übertragen. Der Absicht des Autors, die Kapitalismuskritik von der religiösen Semantik zu befreien bzw. frei zu halten, widerspricht nicht dem Bemühen jener AutorInnen, neben der sozioökonomischen Strukturanalyse des Kapitalismus jene soziokulturellen, mental verfestigten symbolischen Sinnwelten, Lebensorientierungen und normativen Leitbilder handlungstheoretisch zu reflektieren, die im Schatten des Kapitalismus dominant geworden sind. (ICA2)
In: Soziale Ungleichheit, kulturelle Unterschiede: Verhandlungen des 32. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in München. Teilbd. 1 und 2, p. 245-246
Im einleitenden Beitrag zur Plenarveranstaltung "Religion und Ressentiment", die gemeinsam von der Sektion "Entwicklungssoziologie und Sozialanthropologie" und der Sektion "Religionssoziologie" vorbereitet und organisiert wurde, wird der Zusammenhang von Religion und Ressentiment sowohl auf einer theoretischen als auch auf einer empirischen Ebene durch einige Begriffsbestimmungen knapp skizziert.Ressentiment beschreibt ein gefühlsbedingtes Bedürfnis von sozial, kulturell und/ oder ökonomisch negativ privilegierten (bzw. sich selbst so einschätzenden) Gruppen nach "Abwertung" der Qualitäten und Leistungen der Anderen, das sich bis hin zum offenen Hass gegen die "Bessergestellten", "Vornehmen" und "Mächtigen" steigern kann. Ziel der "Abwertung" der Anderen ist in der Regel die moralische und ethische "Aufwertung" der eigenen Gruppe. Seit Friedrich Nietzsches These von der Entstehung der christlichen Liebesmoral aus dem Geist des Ressentiments von Max Weber aufgegriffen und generalisiert wurde, scheint festzustehen, dass Ressentiment eine charakteristische Begleiterscheinung einer jeden "Erlösungsreligion" und einer jeden religiösen Ethik der negativ Privilegierten ist. Worauf die Deprivation der jeweiligen Gruppen auch im Einzelnen beruhen mag, auf niederem sozialen Status, auf einer ethnischen Minderheitenposition, auf der Diskriminierung oder Verunglimpfung religiöser Gemeinschaften oder auf politischer Unterdrückung, sie kann dazu führen, dass die ethischen Gebote der jeweiligen Religion in ihr Gegenteil umschlagen und der Hass auf die Konkurrenz über alle "Gebote der Liebe" siegt. (ICA2)
Der Autor stellt eine wesentliche Lücke in der Albanien-Forschung fest: Es fehlt eine umfassende Studie zum Verhältnis von Religion und Nation in der albanischen Nationsbildung. Er nimmt das tatsächliche Spannungsverhältnis zwischen religiöser Uneinheitlichkeit und religionsübergreifendem Nationskonzept 'unter die Lupe'. Die Studie basiert auf einer Momentaufnahme aus dem nordalbanisch-kosovarischen Bereich aus der Zeit der so genannten Liga von Prizren (1878-1881). Zwei Fallbeispiele für Bruchstellen aus dem zweiten und dem dritten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts - der muslimische Bauernaufstand in Mittelalbanien von 1914 und die Errichtung einer orthodoxen autokephalen Nationalkirche im Albanien der Zwischenkriegszeit - ergänzen die Betrachtung. Der Verfasser geht davon aus, dass die Wirkung des die Religionen übergreifenden Integrationskonzepts durch örtliche und situative Sonderfaktoren beeinflusst wurde und dass gleichwohl in der Tendenz eine erhebliche Abschwächung der Gegentendenzen zu konstatieren ist. Der Forschungsansatz, vor allem die Frühphase der Nationsbildung zu analysieren, beruht auf der Auffassung, dass ähnlich wie beim Begriffspaar von der äußeren und inneren Staatenbildung generell von einer äußeren und einer inneren Nationenbildung gesprochen werden sollte. Einige religionsgeographische Angaben über die regionale Verteilung der Konfessionen verdeutlichen die Idee des Autors. Das Fazit: Für die politische Kultur der Albaner in den verschiedenen heutigen Staatsgebilden ist die religionsübergreifende nationale Integration eine große Leistung und ein wichtiger stabilisierender Faktor in ansonsten (etwa im Verhältnis von familiären Verbindungen und Staatsbürgergesinnung) vielfach von Gruppeninteressen durchdrungenen Gesellschaften. Die eigennationalen Christen sind keine geduldeten Minderheiten, sondern konstituierende Mitglied der Nation. Es ist davon auszugehen, dass dieser Bezugspunkt auch erhalten bleibt. Dies gilt für die meisten geographischen Gebiete auch dann, wenn sich deren gesonderte Entwicklungen künftig noch vermehrt in bewussten und akzeptierten Identitätsunterschieden zwischen Albanern in Albanien, im Kosovo, in Makedonien, Serbien und Montenegro niederschlagen sollten, was anzunehmen ist. In Makedonien allerdings würde bei einem rein selbstreferentiellen Identitätsbezug auf "Albanisch-Sein oder Albanischsprachig-Sein in Makedonien" mangels "eigener" Christen die Grundlage für eine solche religionsunabhängige Definition wohl entfallen und die dort ohnehin bestehende Tendenz verstärken, sich gegenüber den Slawomakedoniern auch religiös zu positionieren und nichtalbanische Muslime zu vereinnahmen. Für die weitere Entwicklung ist dabei eine zusätzliche günstige Voraussetzung: auch dort, wo auf der lokalen Ebene die beiden Religionen und ihre Unterschiede im Leben der Menschen eine erhebliche Rolle spielen, wird das höhere Sozialprestige einvernehmlich der Minderheit zugeordnet. Letztlich hat das überreligiöse Nationskonzept seit der "Rilindja" bedeutsamen Erfolg gezeitigt, auch im internationalen Vergleich. Die religiöse Differenziertheit tritt als politische Identität eindeutig in die zweite Reihe. (ICG)
Während es in vielen europäischen Gesellschaften zur Säkularisierung im umfassenden Sinne kam, hielt sich die Ausübung der zahlreichen Glaubensüberzeugungen in der USA auf hohem Niveau. Von der Globalisierung profitieren neben esoterischen Strömungen derzeit die evangelikalen Strömungen am meisten, die die Basis für eine "christlichen Fundamentalismus" bilden. Gemeinsam ist den westlichen Demokratien das Festhalten an positiver wie negativer Religionsfreiheit. Religiöse Vielfalt in der Öffentlichkeit, die strikte Trennung von Staat und Kirche, die Erosion religiöser Oligopole sowie intensivierte und individualisierte Religiosität sind aktuelle Perspektiven der europäischen Religionslandschaft. (ICE2)
Der Beitrag will das Verhältnis von Religion bzw. Kirchen und Staat in der Bundesrepublik skizzieren. Da kirchliche Gemeinschaften - so die Ausgangsüberlegung - einen erheblichen Anteil am öffentlichen Leben der Bundesrepublik haben, sollen ihre Binnenstruktur und ihre sozialen und politischen Aktivitäten beschrieben werden. Der Autor beginnt mit Überlegungen zum Staatskirchenrecht, beschreibt verschiedene Regelungen etwa zum Kirchenaustritt, zum Religionsunterricht und der Kirchensteuer bezogen auf verschiedene Religionsgemeinschaften. Im Anschluß werden die innerkirchlichen Strukturen der großen Konfessionskirchen aufgezeigt: das katholische und evangelische Kirchenrecht, die Hierarchien und Funktionsträger, die karitativen Aktivitäten. Bei einem zunehmenden Wandel in der Gesellschaft (Kirchenferne, mehr Muslime) sei es nicht unwahrscheinlich, so der Autor im Fazit, daß das "Beziehungsdreieck von Kirchen, Recht und Staat in Bewegung gerät". (rk)
Die Verfasserin diskutiert ausgewählte Ergebnisse einer eigenen empirischen Untersuchung, in deren Verlauf qualitative biografische Interviews mit berufstätigen Müttern im Alter zwischen 30 und 50 Jahren geführt wurden. Sie fragt nach Konflikten, Ambivalenzen und Widersprüchen im Lebensalltag dieser Frauen und untersucht, mit welchen Formen der Identitätskonstruktion die Frauen auf diese Widersprüche reagieren. Diese Frage wird dann auf den Bereich der Bedeutung von Religion und Religiosität konkretisiert. Verschiedene Funktionen von Religion im Lebensalltag berufstätiger Mütter werden deutlich: (1) Alltagsunterbrechung und -transzendierung, (2) Herstellung eines die alltäglichen Widersprüchlichkeiten übergreifenden Sinnzusammenhangs, (3) Handlungsorientierung im Alltag. (ICE2)