Article(electronic)2022

"The Bigger Picture": Mali, Dschihadismus und der Rückzug des Westens

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Abstract

Nachdem Frankreich und Verbündete das Ende des Antiterroreinsatzes Opération Barkhane in Mali verkündet haben, mehren sich in Deutschland Stimmen, die ebenfalls einen Rückzug befürworten. Die Diskussion ist dabei oft auf Mali bzw. den Sahel verengt. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine sollte das sicherheitspolitische Engagement jedoch im Kontext zweier afrikanischer bzw. globaler Trends betrachtet werden:
Erstens: Seit einigen Jahren hat eine dschihadistische Welle das subsaharische Afrika erfasst. Diese hat sich auf inzwischen fast ein Drittel aller Länder der Region ausgeweitet und droht auf weitere Staaten überzugreifen. Der Dschihadismus kann an strukturelle Schwächen und langfristige Trends andocken und hat weitreichende Folgen für Stabilität, Demokratie und Entwicklung in der Region.
Zweitens: Die dschihadistische Welle ist auch Folge des Einflusses aus der MENA-Region (Middle East and North Africa). Generell gewinnen immer mehr nicht-westliche Akteure in Afrika an Einfluss. Dies sind vor allem autoritäre Staaten wie China, Russland, die Golfstaaten und die Türkei. Der Einfluss des Westens schwindet, wie sich zuletzt am Abstimmungsverhalten in der UN-Generalversammlung zum russischen Angriff auf die Ukraine zeigte. Die geostrategischen Rivalitäten können besonderen Schaden für Stabilität, Demokratie und Entwicklung in der Region entfalten.
Auch wenn es für einen Abzug des ausländischen Militärs aus Mali gute Gründe gibt, wäre ein sicherheitspolitischer Rückzug aus der Region angesichts beider Trends kontraproduktiv. Für Mali und seine Nachbarstaaten bedeutete ein Rückzug wahrscheinlich eine Ausbreitung des Dschihadismus. Dazu käme ein weiterer Bedeutungszuwachs aggressiver und autoritärer Staaten wie China und Russland.
Die Entscheidung über eine weitere militärische Präsenz in Mali betrifft das afrikapolitische Engagement des Westens insgesamt. Eine Neujustierung sollte Zielkonflikte zwischen Werten und harten Interessen berücksichtigen und Mittel überprüfen. Erstrebenswert ist ein verstärkter transatlantischer Schulterschluss, der auch einer sicherheitspolitischen Komponente bedarf. Die Herausforderung besteht darin, eine wertegeleitete Afrikapolitik zu betreiben, die eigene Interessen wahrnimmt und afrikanische Interessen berücksichtigt.

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