Sammelwerksbeitrag(gedruckt)2007

Staatsbürgerschaft und soziale Klassen

In: Moderne (Staats)Bürgerschaft: nationale Staatsbürgerschaft und die Debatten der Citizenship Studies, S. 31-74

Abstract

Vor dem Hintergrund eines Überblicks über die Wirkungen sozialer Klassen auf die Struktur zeigt der Verfasser, wie Staatsbürgerrechte und andere von ihr unabhängige Kräfte die Struktur sozialer Ungleichheit verändert haben. Sie waren ohne Zweifel sehr tiefgreifend und es mag durchaus sein, dass die vom Staatsbürgerstatus zugestandene und sogar geformte Ungleichheit nicht mehr länger Klassenunterschiede in jenem Sinn hervorbringt, in dem der Begriff für vergangene Gesellschaften gebraucht wird. Dabei werden die gemeinsamen Wirkungen dreier Faktoren untersucht. Es handelt sich erstens um die Verdichtung an den beiden Enden der Einkommensverteilung, zweitens um die breite Ausdehnung des Bereiches einer gemeinsamen Kultur und gemeinsamer Erfahrungen, und drittens um die Bereicherung des allgemeinen Staatsbürgerstatus, verbunden mit der Anerkennung und Stabilisierung bestimmter Statusunterschiede, hauptsächlich durch die Verknüpfung des Bildungswesens mit dem Beschäftigungssystem. Die beiden ersten Entwicklungen haben die dritte möglich gemacht. Statusunterschiede können hinsichtlich der demokratischen Staatsbürgerrechte den Stempel der Legitimität aufgedrückt bekommen, vorausgesetzt, sie sind nicht zu tiefgreifend und in einer Bevölkerung angesiedelt, die zu einer einzigen Kultur vereinigt ist, und vorausgesetzt, sie sind nicht Ausdruck vererbter Privilegien. Das bedeutet, dass in einer grundsätzlich egalitären Gesellschaft Ungleichheit toleriert werden kann, vorausgesetzt, sie ist nicht dynamisch, d.h. sie erzeugt keine Anreize, die aus Unzufriedenheit entstehen. Es kann sich deshalb herausstellen, dass die durch Staatsbürgerrechte zugelassene und geformte Ungleichheit im wirtschaftlichen Sinn nicht als eine Kraft wirkt, die die freie Verteilung der Arbeitskräfte beeinflusst. Oder dass soziale Schichtung weiterbesteht, soziale Ambitionen aber aufhören, ein normales Phänomen zu sein und zu einem abweichenden Verhaltensmuster werden. In diesem Kontext wird argumentiert, dass Rechte sich vervielfältigt haben, präzise sind, und jeder Einzelne genau weiß, was er beanspruchen kann. Die Pflicht, deren Einlösung am zwingendsten ist und unmittelbare Notwendigkeit für die Befriedigung des Rechts, ist die Pflicht zur Zahlung von Steuern und Versicherungsbeiträgen. Weil diese obligatorisch sind, ist keine Willenserklärung damit verbunden und kein ausgeprägtes Gefühl der Loyalität. Bildung und Militärdienst sind ebenfalls obligatorisch. Die anderen Pflichten sind unbestimmt und in die allgemeine Verpflichtung eingeschlossen, das Leben eines guten Bürgers zu führen und so viel wie möglich dazu beizutragen, die Wohlfahrt der Gemeinschaft zu fördern. Die Gemeinschaft ist aber so groß, dass die Verpflichtung abgehoben und unwirklich zu sein scheint. Von überwältigender Bedeutung ist die Pflicht zu arbeiten, aber die Wirkung der Arbeit eines einzelnen Menschen auf die Wohlfahrt der ganzen Gesellschaft ist so unendlich klein, dass es ihm sehr schwer fällt zu glauben, dass er durch die Verweigerung oder Verringerung seiner Arbeitsleistung viel Schaden anrichten könnte. (ICG2)

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