Aufsatz(elektronisch)2009

Das Kopftuch im Streit zwischen Parlamenten und Gerichten: ein Drama in drei Akten

In: Discussion Papers / Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, Forschungsschwerpunkt Zivilgesellschaft, Konflikte und Demokratie, Abteilung Demokratie: Strukturen, Leistungsprofil und Herausforderungen, Band 2009-201

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Abstract

"Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über das Tragen eines Kopftuchs im öffentlichen Dienst vom 24.09.2003 hat den Bundesländern die Möglichkeit eröffnet, den Umgang mit religiösen Symbolen im öffentlichen Dienst neu zu regeln und das komplexe Verhältnis von Staat und Religion in Deutschland neu zu bestimmen. Auf der Basis umfangreicher Textanalysen der Plenardebatten und der sich anschließenden Gerichtsurteile wird in der vorliegenden Analyse untersucht, welche Argumente für oder gegen ein Kopftuchverbot die politischen und juristischen Akteure vorbrachten und welche Resultate das Zusammenspiel von Politik und Recht in der Kopftuchfrage zeitigte. Drei Ergebnisse der Analyse sind hervorzuheben: Erstens wird deutlich, dass vor allem die Parteiendifferenzhypothese für die hier untersuchte Frage erklärungskräftig ist; die Mehrheitsverhältnisse in den Ländern und die jeweiligen Leitbilder und religionspolitischen Paradigmen der Parteien sind für die inhaltliche Differenz der beschlossenen Gesetze verantwortlich. Zweitens zeigt sich, dass sich unter den Bedingungen einer rechtsstaatlich-liberalen Demokratie eine Ungleichbehandlung religiöser Symbole - wie sie insbesondere von den Unionsparteien gewollt war - nicht durchsetzen lässt. Vielmehr führt die intendierte Ungleichbehandlung der Religionen unintendiert zu einem Schritt in Richtung Laizismus und verändert damit ungewollt das in Deutschland vorherrschende religionspolitische Paradigma. Drittens schließlich kann festgehalten werden, dass demokratische Systeme auf die Einhegung der Politik durch den Rechtsstaat angewiesen sind, wenn sichergestellt sein soll, dass ihre Bürgerinnen und Bürger (und ihre Religionen) tatsächlich als Gleiche behandelt werden." (Autorenreferat)

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