Sammelwerksbeitrag(gedruckt)2008

Kampagnen gegen Bio- und Gentechnik

In: Die sozialen Bewegungen in Deutschland seit 1945: ein Handbuch, S. 613-631

Abstract

Der Verfasser argumentiert, dass es bei der Frage nach den Wirkungen der Kampagnen gegen Bio- und Gentechnik sinnvoll ist, die Ebenen zu differenzieren und Erfolgskriterien auszuweisen. Zu unterscheiden ist zwischen der Ebene der Mobilisierungsfähigkeit (gleichsam als Wirkung der Bewegung auf sich selbst), der Wirkung in den Medien, der Wirkung auf die Bevölkerung, der Wirkung auf die Politik und Gesetzgebung und der letztendlichen Wirkung auf die technische Entwicklung. Was als Erfolg gilt, hängt sehr stark von den normativen Prämissen der Betrachtung ab. Es wird festgestellt, dass die Mobilisierungsfähigkeit nicht sehr ausgeprägt ist. Dies hat mit der motivationalen, sozialstrukturellen und sachlichen Heterogenität der Bewegung zu tun, der mangelnden Greifbarkeit und Diffusität des Gegenstandes sowie der Schwierigkeit, identitätsstiftende politische Ziele zu formulieren. Der Wirkung in den Medien tut dies jedoch keinen Abbruch. Die Bio- und Gentechnik wird dort zunehmend diskutiert und kontrovers kommentiert, ohne dass eine einseitige Verurteilung zu beobachten wäre. Das Urteil in der Bevölkerung scheint sich mit der Zeit zu stabilisieren und zu differenzieren. Es schwankt immer weniger zwischen verschiedenen Messzeitpunkten, aber es ist sehr stark abhängig vom jeweiligen sachlichen Kontext - es gibt keine Ablehnung der Bio- und Gentechnik schlechthin, sondern nur von bestimmten Anwendungen. Insgesamt kann man, so die These, von Demokratisierung sprechen: "Das Volk" wählt die Bio- und Gentechnik, wo sie Heilung, ewige Jugend und erbgesunden Nachwuchs verspricht, und es lehnt sie ab, wo es seinen imaginären Naturbezug gefährdet sieht. Gegenüber früheren, rein vom Staat und der Industrie vorangetriebenen Technikentwicklungen ist das ein beachtlicher Emanzipationserfolg. (ICF2)

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