Der Verfasser setzt sich kritisch mit dem Philosophieunterricht in den Schulen der Bundesrepublik Deutschland, vor allem mit der unzureichenden Berücksichtigung der politischen Philosophie auseinander. Vorgelegt wird ein Überblick über die Richtlinien für den Philosophieunterricht in den einzelnen Bundesländern. Der Verfasser zieht folgendes Fazit: "In allen Bundesländern zeigt die Philosophie ein großes Defizit bezüglich der Behandlung von Theorien der politischen Philosophie. Die Einteilung in Themenbereiche erfolgt weitgehend nach anthropologischen Gesichtspunkten. Weitgehend ist das Bewußtsein einer philosophiegeschichtlichen Tradition abhanden gekommen." (ICE)
Lebensformen, Einstellungen und Handlungsweisen des Zeitalters der Technik und der modernen Industrie werden erörtert. Dazu setzt sich der Verfasser mit Spranger, Simmel und den herrschenden Auffassungen hinsichtlich der Technik als gesellschaftlichem Faktor auseinander. Es wird gezeigt, daß die Technik unter kulturphilosophischem Gesichtspunkt als reines Mittelsystem gesehen wird, als ein abgeleitetes Kultursystem. Auch in der von den Technikern selbst entwickelten Philosophie gilt sie als Medium, das den letzten Zwecken des Menschen gegenüber neutral ist; seine Funktion hängt von der Anwendung durch den Menschen ab. Der Verfasser betont im Gegensatz zu diesen Einschätzungen, daß die Technik dem Geist und der Psyche unterliegt, in denen sich der "Lebens- und Wirkungswille" des Menschen realisiert. Ein System von tief begründeten Entscheidungen wird als tatsächliche Basis der modernen Technik betrachtet; sie bildet den Unterbau einer gesellschaftlichen Gesamtkultur. (KG)
Es wird verdeutlicht, daß die Philosophie auf den Höhepunkten ihrer Entwicklung politische Theorie und Ideologie als besonders wichtige Themen angesehen hat. Das philosophische Denken muß nach der Auffassung des Verfassers vor allem auch in den Sphären vordringen, in denen menschliche Praxis und politische Entscheidungen stattfinden. Als positives Merkmal wird in diesem Zusammenhang das Bestreben des philosophischen Idealismus betrachtet, die Gesamtheit des Möglichen und Wirklichen als Komplex zu denken. Zentrale Theoreme des 19. Jahrhunderts werden dazu entfaltet und kritisch analysiert. Politische Philosophie wird an die Handlungs- und Denkformen der Menschen gebunden; diese werden als Trägerschaft des Politischen bestimmt, das von konkreten Gehalten und Interessen gekennzeichnet ist. Der Autor entwickelt einen Staatsbegriff, der auf der "Totalität der Systeme des objektiven Geistes" gründet. (KG)
"Eine Beschleunigung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts ist undenkbar ohne eine Beschleunigung des geistigen Fortschritts." Ausgehend von dieser Formulierung, die eine Schlüsselrolle in der Modernisierung der Sowjetunion spielt, wird die Ansicht vertreten, daß die Mißstände nur als vordergründige Phänomene der ideologischen Problematik anzusehen sind, deren Angelpunkt letztlich in der Grundeinstellung zur Wahrheitsfrage liegt, und daß ohne Fortschritt in diesem geistig-ideologischen Zentralbereich eine umfassende Modernisierung der Sowjetunion nicht zu erreichen sein wird. Um diese These und die mit ihre verbundenen Implikationen näher zu begründen, wird zunächst auf die sogenannte Grundfrage der Philosophie und die mit ihr verbundenen Ableitungen zurückgegangen. Die Frage nach der rolle der Ideologie führt zu der Erkenntnis, daß die Ideologie mit ihrem Kerngehalt in die Strukturen des Systems selbst umgesetzt worden ist. Zur Konkretisierung der theoretischen Ableitungen wird auf Bereich verwiesen, die für eine Modernisierung des Sowjetsystems wichtig wären, die aber aus ideologischen Gründen in der Praxis nicht wahrgenommen werden. Der revisionistische Ansatz, der die Geschichte des Marxismus-Leninismus begleitet, wird angesprochen. Gorbacevs Weg zu mehr Diskussion und die Öffentlichkeit, als "glasnost" bezeichnet, wird vorgestellt. Die Untersuchung führt zu der Erkenntnis, daß ein enger Zusammenhang zwischen einem geistigen Fortschritt in der Sowjetunion und der dauerhaften Friedenssicherung in den Ost-West-Beziehungen besteht. (KW)
In dem Beitrag wird Stabilität als ein Sprachsymbol der Alltagssprache bezeichnet, durch das eine bestimmte Realitätserfahrung zu artikuliertem Bewußtsein kommt und das mit Ordnung und Sicherheit positive Assoziationen auslöst. Als Gegensymbol wird Bewegung definiert, die als Vergänglichkeit, Unordnung und Krise erfahren wird. Hiervon ausgehend wird politische Stabilität als gerechte Ordnung bezeichnet, die sowohl die Dauerhaftigkeit eines politischen Systems als auch die Handlungsalternativen innerhalb des Systems bezeichnet. Die Grundmuster des Nachdenkens über politische Stabilität in Platons "Politeia" werden nachgezeichnet. Als weitere Beispiele für dieses Grundmuster werden das Spannungsverhältnis, das sich bei Augustinus zwischen civitas terrena und civitas Dei ergibt, und Hobbes' Leviathan als Gegenpol zum Bürgerkrieg beschrieben. Weiter wird gezeigt, daß sich in der liberalen Variante bei Locke, Smith und den Föderalisten die Spannung nicht aus Ruhepunkt und Krise ergibt, sondern aus den checks und balances, bei Rousseau aus dem Gegenüber von volonte generale und volonte de tous, und daß bei Marx die untrennbare Beziehung von Stabilität und Bewegung und zugleich die axiologisch positive Bedeutung der Stabilität besonders deutlich werden. (RW)
Der Autor stellt in dem vorliegenden Aufsatz zwei Erscheinungsformen von philosophischer Peripherie vor: zum einen die periphere Situation der Philosophie in Österreich um 1800 und zum anderen die periphere Gegenwartsphilosophie im Subsaharischen Afrika. In beiden Fällen lassen sich paradigmatische Ähnlichkeiten feststellen, die darüberhinaus in ihrer Struktur auf die Entwicklung der Minoritätenforschung, z.B. in Österreich, übertragbar erscheinen. Dazu nennt der Autor einige Punkte und formuliert abschließend mögliche wissenschaftspraktische Folgerungen. (pag)
Die Autoren referieren über die Hauptlinien der politischen Philosophie Hermann Lübbes. In Lübbes explanatorischem Prinzip der Philosophiegeschichtsschreibung wird neben einem ausgeprägten Sinn fürs Politische zugleich eine theoretische Haltung gesehen, die jeder Interpretation von Geschichte im Licht finalistischer Annahmen mißtraut. In diesem Zusammenhang weisen die Autoren auf das von Lübbe vertretene Kompensationskonzept hin, demzufolge die mit der Moderne und Postmoderne einhergehenden "Erfahrungsverluste" einer Kompensation bedürfen. Im weiteren gehen die Autoren näher auf Lübbes Bewertung der deutschen Geschichte ein, wobei sie Lübbe der sog. "skeptischen Generation" zurechnen. Vor diesem Hintergrund werden schließlich Lübbes Vorschläge zu einer pragmatischen Vernunft skizziert und im Kontext demokratietheoretischer Fragen erörtert. Lübbe geht es in diesem Zusammenhang um die Rehabilitierung eines liberal rekonstruierten Dezisionismus. "Jede Entscheidung, die zu geschehen hat, ist in Beziehung zum Diskurs ein pragmatischer Akt seiner Begrenzung. Die Abstimmung gilt als das dezisionistische Standardbeispiel." Abschließend wird nach Lübbes Verhältnis zu Aufklärung und Gegenaufklärung bzw. "Nachaufklärung" gefragt. "Nachaufklärung" meint keineswegs Gegenaufklärung, vielmehr steht sie für eine konservative Funktion, "als sie die kulturellen Erhaltungsbedingungen der Aufklärung in bestimmten Traditionen und Institutionen verwurzelt sieht." (ICD)
Es werden die Haupttheoreme des kritischen Rationalismus von Karl Popper und seine darauf aufbauende demokratisch-liberale Aufklärungstheorie skizziert. Als wichtigste Theoreme der Popperschen Philosophie werden dargestellt: die Fortschrittsformel, seine Drei-Welten-Theorie, das Abgrenzungskriterium, das Falsifikationsprinzip, das Leib-Seele-Problem (gedacht als dualistischer Interaktionismus) und die auf Alfred Tarsik aufbauende Korrespondenztheorie der Wahrheit mitsamt der daraus abgeleiteten "Objektivität der Erkenntnis". Anschließend werden die in der Popperschen Philosophie enthaltenen Implikationen behandelt. Im Mittelpunkt steht dabei die Abgrenzung gegen den Totalitarismus. Aufbauend auf seiner Monismus-Kritik läuft Poppers kritisch rationale Praxis auf einen liberalen Pluralismus hinaus. (GF)
Die Entwicklung des philosophischen Denkens des Thales von Milet dient als Symbol für Kontinuität und Bruch im Fortschreiten vom Mythos zum Logos. Milet selbst stellt ein ebensolches Symbol für den entsprechenden Fortschritt von der orientalischen Despotie zur Demokratie der Polis dar. Freiheit und Autarkie wurden jedoch garantiert durch die Trennung von Politik und Wirtschaft. In der Folge der marxistischen Theorie bemüht sich Demokratie heute um die soziale Integration der Wirtschaft in den Bereich der politischen Autarkie. (ICEÜbers)
In seiner Betrachtung des Neubeginns der Philosophie in den drei westlichen Besatzungszonen und der frühen Bundesrepublik untersucht der Verfasser einerseits den Umstand, daß nur wenige Philosophen den Neubeginn der Philosophie an die Notwendigkeit einer philosophisch-politisch selbstkritischen Reflexion der Phase der nationalsozialistischen Herrschaft banden und andererseits den kontrastierenden Tatbestand, daß solche kritischen Reflexionen nicht an die philosophische Öffentlichkeit gelangten, sondern im Gegenteil aus den öffentlichen Diskursen der westdeutschen Philosophen gedrängt und durch eine, die nationalsozialistische Vergangenheit verdrängende, unpolitische Diskussion über allgemeinphilosophische Fragen überlagert wurde. Am Beispiel von Theodor Litt, Julius Ebbinghaus und Karl Jaspers dokumentiert der Verfasser Versuche politischer Selbstreflexion der Philosophie; den Verdrängungsprozeß erklärt der Autor mit singulären individuellen Interessen und mit einer Art "Zensur des Ausdrucksinteresses", bedingt durch das "philosophische Produktionsfeld". (ICC)
In seinem Essay spannt der Verfasser einen Bogen von den Veränderungen der Jahre 1989/90 zu den "besseren Plänen" der Anfänge des Sozialismus in der Sowjetischen Zone beziehungsweise in der frühen DDR. Er schreibt über den Beginn des Neuaufbaus der Philosophie an den ostdeutschen Universitäten und benennt die Personen und philosophischen Einstellungen jenseits eines doktrinären monistischen dialektischen Materialismus, der seit Mitte der fünfziger Jahre jedwede eigenständigen Entwicklungen beiseite geschoben hatte und nicht mehr duldete. Der Autor unterscheidet eine nicht-marxistische bürgerliche Philosophie, die sich in Ostdeutschland nur kurz etablieren konnte. Ihre Hauptvertreter, zurückgekehrte Exilanten, emeritierten sehr bald oder verließen bis 1947 die Sowjetische Zone. Die zweite Gruppe umfaßten dem Autor gemäß unabhängige Marxisten, jenseits eines doktrinären Stalinismus. Der Verfasser verdeutlicht dies am Beispiel von Ernst Bloch, den er ausdrücklich vor der Kritik, eine große Affinität zu stalinistischen Positionen besessen zu haben, in Schutz nimmt. (ICC)
Ausgangspunkt des vorliegenden Beitrags sind die "aufklärerischen Friedensutopien und die in Reaktion auf die Aufklärung entstehende, vornehmlich von Herder entwickelte komplexere Sicht der historischen Entwicklung, in der Differenz und Konflikt und folglich auch der Krieg eine wichtige Rolle spielen. Kants berühmter Entwurf 'zum ewigen Frieden' ist geschichtsphilosophisch ebenfalls über bloße Utopistik weit hinaus, weil Kant sich sowohl zur politischen Realisierbarkeit wie der institutionellen Stabilisierbarkeit eines Völkerfriedens gründlich äußert. In der Folge gelingt es immer weniger, Kants Spannungsverhältnis von Idealität und Realität in der Zeit der napoleonischen Kriege ohne Vereinfachung aufrechtzuerhalten... Mori verknüpft die Entwicklung des Friedensdenkens mit der Erschütterung der Grundlagen der Naturrechtslehre sowie mit der für das deutsche Denken charakteristischen Abwertung der Glückseligkeit in der Konzeption der Autonomie der Person. Zusammen mit der neu entstehenden romantischen Idee der Nation werden durch diese denkerischen Entwicklungen Möglichkeiten eröffnet, die kriegsbeschränkenden Tendenzen des Naturrechts außer Kraft zu setzen... Ohne alle anachronistischen Übertreibungen lassen sich so Ursprünge der späteren deutschen Kriegsphilosophie ermitteln." (pmb)
Der Autor geht davon aus, daß Postmoderne eine Geisteshaltung und Praxis von Pluralität bezeichnet, die nicht mehr vereinigungs- oder konkordanzversessen, sondern kollisions- und irritationsbereit ist. Erst sekundär ist unter Postmoderne die geschichtliche Phase zu verstehen, in der der plurale Sinn- und Aktionstyp dominant und obligat ist. Von diesem Verständnis aus wird exemplarisch anhand der Sachfelder Kunst (Architektur, Malerei, Plastik, Literatur) und Philosophie (Lyotard) eine Gegenwartsbestimmung zwischen Postmoderne und Technologie vorgenommen. Der Autor widerlegt, daß das technologische Zeitalter dadurch gekennzeichnet ist, daß Technologie nicht nur zum universellen Mittel der Wirklichkeitsgestaltung, sondern zu deren Parameter wird. Postmoderne bedeutet nicht, daß diese Zeitalter ausschließlich der Techno-logik folge oder zu folgen habe. Technologie bleibt nur sektoriell dominant; problematisch ist nicht die Anwendung von Technologien, sondern die technologische Perzeption. (HN)
In dem Beitrag wird der Versuch unternommen, die Bedeutung des jüdischen Philosophen Hönigswald nach 1933 aufzuzeigen. Dazu stützte sich der Autor auf Bücher und Aufsätze Hönigswalds, vorwiegend auf sein Hauptwerk "Philosophie und Sprache". Er ging zunächst auf das Verhältnis Hönigswalds zum Nationalisozialismus sowie zu Philosophie und Philosophen im Nationalsozialismus ein. Dann stellte er wesentliche Inhalte der Hönigswaldschen Philosophie vor: die Monade (Einzelsubjektivität), die Entwicklung von der Denkpsychologie zur Sprachphilosophie sowie das Verhältnis zur Transzendentalphilosophie. Abschließend ging er auf das "Neue in Hönigswalds Philosophie" ein. Er kommt zu dem Schluß, daß die Leistung der Hönigswaldschen Philosophie darin zu sehen ist, daß Hönigswald die "Theorie der konkreten Intersubjektivität" (Sprachphilosophie, Philosophie des Geistes und der Geschichte) einbettet "in die klassische Systematik der kritischen Transzendentalphilosophie", diese an vielen Stellen ausbaut und differenziert und unter dem Aspekt der philosophischen Selbstrechtfertigung (d.h. das Aufsichgestelltsein des Menschen ohne Berufung auf Autoritäten) und mit dem Anspruch der Letztheit fundiert. (AG)