Sammelwerksbeitrag(gedruckt)2004

Wissensgenerierung und Wissenstransfer in Netzwerken der lokalen Beschäftigungspolitik

In: Wissensmanagement in Politik und Verwaltung, S. 57-87

Abstract

"Hinter der zunehmend interaktiven Generierung sozialpolitischen Wissens zeichnen sich die Konturen einer neuen, experimentellen Wohlfahrtsstaatlichkeit ab (Schmid 2002, Heinze/ Schmid/ Strünck 1999). Dabei erproben sozialpolitische Organisationen und Akteure - oft jenseits tradierter Pfade - unterschiedliche Infrastrukturen der Wissens- und Orientierungsproduktion (Naschold/ Oppen 1996), um den grenzüberschreitenden Krisendynamiken und Risiken des globalisierten Wohlfahrtsstaates durch gleichermaßen grenzüberschreitende Innovationsprozesse zu begegnen. Auf diese Weise soll das zeitaufwändige Nacheinander individueller Erfahrungsbildung in ein räumliches Nebeneinander kooperativer Lernprozesse transformiert werden. Interkommunale Netzwerke mit beschäftigungspolitischer Ausrichtung sind ein mittlerweile äußerst vielfältiger und dynamischer Ausdruck dieser Entwicklung. Insbesondere die Beschäftigungspolitik auf lokaler Ebene sieht sich seit Anfang der neunziger Jahre nämlich mit einem multiplen Problem- und Erwartungsdruck konfrontiert (Evers/ Schulze-Böing 1999), auf den sie durch die Bildung von interkommunalen Bündnissen, Netzwerkverbünden und Städtekooperationen reagiert. An diesen Allianzen administrativer Wissensschöpfung lassen sich genau jene Prozesse und Strukturen, Potentiale und Probleme beobachten, die sowohl für die wissenschaftliche Analyse als auch für die Gestaltung des organisierten Wissenstransfers im öffentlichen Sektor von Interesse sind. Allerdings hat sich die Forschung bisher überwiegend auf regionale Vernetzungen beschäftigungspolitisch relevanter Akteure aus Wirtschaft, Politik, Gesellschaft und Verwaltung konzentriert, also auf regionale Koordinierungsstellen, Arbeitsmarktkonferenzen oder lokale Bündnisse für Arbeit (Neumann 2000). Demgegenüber ist es das Ziel der vorliegenden Ausführungen, Befunde zu interkommunalen Netzwerken mit aktuellen Ansätzen der Wissensgenerierung und des Wissenstransfers (Dierkes/ Antal/ Child/ Nonaka 2001) zu verbinden und so letztlich Aufschlüsse über Potentiale und Barrieren in öffentlichen Wissens- beziehungsweise Innovationsnetzwerken gewinnen zu können. Dahinter steht die These, dass der erfolg- und erkenntnisversprechende Weg der Netzwerkforschung nach einer zunächst stark Struktur- und typenbezogenen Diskussion nun eher bei Transferprozessen und Kopplungsverhältnissen, kurz: bei den Austauschbeziehungen zur (inneren und äußeren) Umwelt zu suchen ist. Die Argumentation verfolgt daher drei Stoßrichtungen: In empirischer Hinsicht geht es um die Erfassung und Beschreibung interkommunaler Netzwerke der lokalen Beschäftigungspolitik in Deutschland und die Identifizierung von Entwicklungstrends; in theoretisch-konzeptioneller Hinsicht geht es um die Disposition und wechselseitige Anschlussfähigkeit von Netzwerkansätzen und Theorien der Wissenskonversion und des Wissenstransfers sowie deren Anwendung auf den Untersuchungsgegenstand; in forschungsstrategischer Hinsicht geht es um mögliche Konsequenzen für die Ausgestaltung weiterführender Studien in diesem Feld. Folgende fünf Schritte dienen der Entfaltung der Argumente: Abschnitt 2 gibt einen Überblick über zentrale Tendenzen der lokalen Beschäftigungspolitik. Im Zentrum steht die These, dass sich dieses Politikfeld durch einen doppelten und interdependenten (lokalen und interkommunalen) Vernetzungsprozess auszeichnet. Abschnitt 3 liefert mit der an Überlegungen Ikujiro Nonakas orientierten Unterscheidung von implizitem und explizitem Wissen sowie einem basalen, politikwissenschaftlich anschlussfähigen Organisationsmodell der Wissensgenerierung die Voraussetzungen für Abschnitt 4. Hier werden die bisherigen Überlegungen in Form eines Modells interkommunaler Netzwerke zusammengeführt. Netzwerke sind symbiotische Metaprozesse der Wissensgenerierung, die auf eben jenen doppelten Vernetzungsdruck reagieren - eine Überlegung, die besondere Anforderungen an weitergehende Forschungsstrategien stellt. Abschnitt 5 verbindet diese Erkenntnisse mit unterschiedlichen Formen und Phasen von Wissenstransfers in Netzwerken. Schließlich fasst Abschnitt 6 die Ergebnisse zusammen." (Textauszug)

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