Sammelwerksbeitrag(gedruckt)2007

Wohlfahrtsverbände: Verbandspolitik im Spannungsfeld von divergierenden Interessen und hierarchischer Integration

In: Interessenverbände in Deutschland, S. 244-270

Abstract

Die Verfasser gehen davon aus, dass die Wohlfahrtsverbände sich auf einem Terrain bewegen, das seit einiger Zeit durch zunehmende Effizienzorientierung, sozialpolitische Kürzungs- und Umbaumaßnahmen sowie Marktfreiheit (vorangetrieben vor allem durch den von der Europäischen Union geforderten ökonomischen Wettbewerb) geprägt wird. Die Autoren setzen sich mit diversen theoretischen Ansätzen auseinander und zeigen, dass die konzeptionellen Prämissen für einen erheblichen 'Bias' in der Prognose der künftigen Entwicklung der verbandlichen Wohlfahrtspflege sorgen. Es wird gezeigt, dass Veränderungen einzelner Trägerorganisationen und Einrichtungen der Wohlfahrtsverbände nicht zu einem Wandel des gesamten Systems bzw. des Dritten Sektors insgesamt führen müssen. Dies wird anhand des Beispiels der Niederlande verdeutlicht. Es wird argumentiert, dass für die Entwicklungsperspektiven der Wohlfahrtsverbände auch die unterschiedlichen Erwartungen und Leistungsanforderungen relevant sind, die in der gesellschaftspolitischen Umwelt der Verbände artikuliert werden. Wer von einem neoliberalen Gesellschaftsmodell ausgeht, der kann den Dritten Sektor als Produktionsstätte für nicht marktfähige Dienstleistungen oder als Auffanglager für sozial desintegrierte Menschen interpretieren. Altruismus und Spendenmoral wären dann die Korrelate des freien Wettbewerbs und der ihm innewohnenden gesellschaftlichen Marginalisierungseffekte. Auch hierzu gibt es eine Gegenposition: Gesellschaften, die dicht verflochten und vernetzt sind, verdanken ihren Wohlstand auch der Existenz und Interdependenz stabiler Organisationen wie etwa der Wohlfahrtsverbände. Anhand der analysierten Entwicklungsperspektiven werden unterschiedliche Szenarien für die Zukunft der verbandlichen Wohlfahrtspflege dargestellt. Es wird hervorgehoben, dass die deutschen Wohlfahrtsverbände derzeit versuchen, den vielfältigen Herausforderungen durch gezielte Modernisierungs-, Rationalisierungs- und Reorganisationsstrategien gerecht zu werden. Es bleibt vorläufig offen, ob sich die dabei gleichzeitig zu verfolgenden Ziele der ökonomischen Effizienz, der sozialmoralischen Profilierung, der politischen Machtsicherung und der organisatorischen Integration auf Dauer vereinbaren lassen oder ob sich eine Zerreißprobe nur dadurch verhindern lässt, dass man künftig die multifunktionalen Aufgaben der Spitzenverbände in formal separaten Strukturen wahrnimmt. (ICG2)

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